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Reviewed by Dietrich Willers, Universität Bern Number of words : 5524 words Published online 2012-12-11 Citation: Histara les comptes rendus (ISSN 2100-0700). Link: http://histara.sorbonne.fr/cr.php?cr=1694 Link to order this book
Ce compte rendu porte également sur l’ouvrage :
AA.VV.: Έπαινος Luigi Beschi, ΜΟΥΣΕΙΟ ΜΠΕΝΑΚΗ, 7ο Παράρτημα, 314 ill., 464 p., 28 x 21,5 cm, ISBN 978-960-476-106-7 (ISSN 1109-4109)
Umfangreiche Kongressakten und Festschriften kritisch anzuzeigen und angemessen zu würdigen, ist eine ebenso undankbare wie unmöglich zu lösende Aufgabe. Auswahl ist unumgänglich, und die Entscheidungen über Berichtenswertes können nur subjektiv sein (griechisch geschriebene Beiträge werden im folgenden bevorzugt behandelt). Der Berichterstatter dieser Zeilen unterzieht sich dieser gleichwohl lohnenden Aufgabe, weil beide vorzustellenden Publikationen eindrücklich vom hohen Rang der klassisch archäologischen Forschung in Griechenland zeugen. In den Kongressakten sind Beiträge erfahrener wie jüngerer Forscher und Forscherinnen vereint, was ähnlich auch für die Festschrift Beschi gilt. Von den geschätzten und hoch anerkannten griechischen Forschern der älteren Generation fehlen wenige, und jüngere, die sich hier mit wertvollen Beiträgen ausweisen, kommen hinzu.
Zuerst die Hauptvorträge:
G. I. Despinis (19-34) kommt mit der Untersuchung akrolither Statuen römischer Zeit auf ein Thema zurück, dem vor fast 40 Jahren seine Monographie gegolten hatte. Die erweiterte Untersuchung vor allem handwerklicher Spuren und technischer Aspekte ergibt neue Anhaltspunkte für die Erschliessung des inneren Aufbaus der Statuen.
G. Koch (35-56) handelt über «Die attischen Sarkophage und ihre Bedeutung für die Kunst der römischen Kaiserzeit» und ermöglicht damit in der Tat wichtige Einsichten über den Bereich der Sarkophage hinaus. Von den drei grossen Produktionszentren gingen allein die attischen überwiegend in den Export. So erkennt K. attische Bildhauer, die im Osten und Westen des Imperiums tätig waren, und macht Skulpturen, Reliefs wie auch Rundplastik, dingfest, die von Bildhauern attischer Sarkophage gefertigt wurden. Ihr Einfluss war deutlich weitreichender, als bisher erkannt.
R. R. R. Smith (57-73) wendet den Blick über Griechenland hinaus und handelt über die Rezeption älterer Denkmäler im spätantiken Aphrodisias.
O. Palagia (89-97) behandelt eine in Athen gefundene, leicht überlebensgrosse Peplosstatue, die seit 1995 im Athener Nationalmuseum ausgestellt ist und seitdem als klassizistische Grabstatue spätrepublikanischer oder frühkaiserzeitlicher Jahrzehnte gilt. Sie bestätigt die Datierung in augusteische Zeit, erkennt aber in ihr anders und überzeugend eine Kopie eines hochklassischen Werkes. Das Original ist typologisch und stilistisch nächstverwandt mit der Prokne des Alkamenes. Die ungewöhnliche Armhaltung lässt eine Darstellung der Medea vermuten, auch dies ein plausibler Vorschlag, womit die Spur eines weiteren «Meisterwerks» sichtbar wird.
Die Vorlage von P. Themelis (177-191) über eine Bildhauerwerkstatt augusteischer Zeit in Messene erstaunt einerseits durch den entscheidenden Erkenntnisfortschritt vom Vortrag in 2009 zum publizierten Text, vor allem aber durch die Einzigartigkeit des hochbedeutenden Fundes. Auch der einleitende Abschnitt, die Übersicht über die Vielzahl der durch Inschriften und andere Quellen namentlich bekannten Bildhauer von Idealskulptur und Porträtstatuen aus Marmor und Bronze hellenistischer und frührömischer Zeit in und aus Messene beeindruckt. Die Fülle allein des Erhaltenen gibt wieder einmal und in besonders deutlicher Weise eine Ahnung von der immensen und dichten Präsenz der Skulptur im öffentlichen Raum hellenistischer Städte der griechischen Welt. Dem schliesst sich die Vorlage eines Skulpturenkomplexes an, einst antik provisorisch in der Zeit 2-4 n. Chr. (Datierung durch einen mitgefundenen Münzhort) in einem Heroenheiligtum neben dem Gymnasium in der Erde geborgen. Es sind lebensgrosse «Muster», «Modelle» (παραδείγματα) in Marmor für die Bildhauerwerkstatt, drei Paare von Händen, fünf Fussmodelle, drei männliche Porträttypen (der ältere «Realistische», der Intellektuelle, der athletische Jüngere) und ein Aphroditetypus. Für die Arbeitsweise von Werkstätten, die auf Standardwaren spezialisiert waren, ist der Fund ungemein erhellend, für die Forschung zum spätrepublikanisch-frühkaiserzeitlichen Porträt einmal mehr eine Warnung davor, typologische Bildniszüge als individuelle Darstellungen misszuverstehen. Die antike Vergrabung erfolgte wohl in der Folge eines zerstörerischen Erdbebens. Für die einige Jahre später erfolgte Bitte aus Messene an Kaiser Tiberius um Unterstützung bei der Beseitigung der Erdbebenschäden kann man auf die ähnliche Gesandtschaft der Städte am kleinasiatischen Hermos an Tiberius verweisen [4].
Ein methodisches Kabinettstück archäologischer Arbeit an alten Funden und umfassender Kenntnis der Forschung liefert N. Kazakidi (193-211) mit der Vorlage von fünf Porträtstatuen (in unterschiedlichem Erhaltungszustand) aus Sikyon. Erkennbar sind drei männliche Himationstauen und zwei weibliche Mantelstatuen, alle im gleichen Format und von der Verf. in sicherem Zugriff als Arbeiten claudischer Zeit erkannt. Sie stammen aus den Grabungen der 30er Jahre von A. Orlandos im von ihm als Gymnasium bezeichneten Bau. Es muss sich um die Stiftung einer – leider nicht benennbaren –verdienten und führenden Familie von Sikyon handeln, doch der Bau, in dem sie aufgestellt waren, kann nicht das Gymnasium gewesen sein, was Orlandos einst ohne Zweifel so entschieden hatte. Die Verf. fragt , ob es sich um die neue, vielfach belegte Platzgestaltung der geschlossenen hellenistischen Agora gehandelt haben könnte, doch eine gesicherte Deutung ist noch nicht möglich.
P. Adam-Veleni publiziert den Einsatzkopf eines Frauenporträts des 3. Jahrhunderts von der kaiserzeitlichen Agora Thessalonikis (337-346), das seine weitreichende Bedeutung erst durch die Identifizierung als Bildnis der Kaiserin Marcia Otacilia Severa, der Gattin des Philippus Arabs gewinnt. Es handelt sich zweifellos um den offiziellen Typus der Kaiserin, der zuvor nur durch drei Repliken im Westen des Imperiums überliefert war. Wenn die Materialbestimmung als prokonnesischer Marmor zutrifft, wovon man ausgehen wird, die Ausführung also östlich ist und vermutlich einer lokalen Werkstatt verdankt wird, wovon auch die Verf. überzeugt ist, dann spricht die Lieferung des Kopiervorbilds in der kurzen Regierungszeit des Kaisers von 244 bis 249 eben nach Thessaloniki und die Aufstellung des Porträts im öffentlichen Zentrum der Stadt für ihre politische, ökonomische und kulturelle Bedeutung in der Mitte des 3. Jahrhunderts. Dem geht die Verf. ausführlich nach.
Inhalt (für die griechischen Titel in Übersetzung):
Guntram Koch, Die attischen Sarkophage und ihre Bedeutung für die Kunst der kaiserzeitlichen Epoche Roland R. R. Smith, The second lives of classical monuments in late antique Aphrodisias Ismini Trianti, Ein neuer Kopf im Typus des Athleten Petworth vom Makrijanni-Areal in Athen Olga Palagia, Die Peplosstatue Athen Nationalmuseum 3890: Römische Kopie oder Klassische Medea? Stylianos E. Katakis, Statuette der Demeter und Kybele spätantiker Zeit aus Athen Alkistis Choremi-Spetsieri, Spätantike Portraits aus Athen Christina Papastamati-von Mook, Theater des Dionysos Eleuthereus. Die Skulpturen der römischen Skene: Chronologische, künstlerische und hermeneutische Probleme Derk W. von Moock, Das Wiederaufleben der Herstellung der attischen Grabstelen im 1. Jh. v. Chr. Anna-Vasiliki Karapanagiotou, Männlicher Porträtkopf aus Messene. Porträt und Gesellschaft auf der Peloponnes des späten 1. Jhs. v. Chr. Petros Themelis, Werke namentlich bekannter Bildhauer und eine Bildhauerwerkstatt frührömischer Zeit in Messene Natalia Kazakidi, Eine Familiengruppe von Statuen aus claudischer Zeit Heinz Rupprecht Goette, Klassisches Original oder klassizistische Tradition der Kaiserzeit? Zum Relief Athen, Nationalmuseum Inv. 226 aus Mantineia Stavros Vlizos, Ikonographische Paradoxe und hermeneutische Probleme: Grabstatue eines Jünglings aus Lakonien Margherita Bonanno Aravantinos, La scultura di età romana nella Beozia: importazioni e produzioni locali Iphigeneia Leventi, Grabreliefs aus Thessalien. Beiträge zur Skulptur Zentralgriechenlands zur Zeit der römischen Herrschaft Emmanouil Voutiras, Stehender Sarapis aus Thessaloniki Theodosia Stephanidou–Tiveriou, Die Kultbilder des Tempels des Zeus und der Roma in Thessaloniki Barbara Smit–Douna, Ein Frauenkopf von der Ostmauer Thessalonikis Eleni Trakosopoulou-Salakidou, Eine Dionysos-Statue der Kaiserzeit aus Thessaloniki Katerina Tzanavari, Ein Marmorporträt Vespasians aus Veria Emmanouela Gounari, Statuen von manteltragenden Männern im Archäologischen Museum Thessaloniki. Der «kanonische Typus» in Makedonien in der Kaiserzeit Polyxeni Adam–Veleni, Weiblicher Porträtkopf von der kaiserzeitlichen Agora Thessalonikis Dimitris Damaskos, Architektonische und schmückende Skulptur im Archäologischen Museum von Kavala Viktoria Allamani–Souri, Die Grabdenkmäler in Relief aus Veria vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 3. Jh. n. Chr. Tradition und Neuerungen Chrysoula Ioakimidou, Ein tempelförmiges Grabdenkmal aus der Gemeinde Bahnstation Angista (Provinz Serres) Eleni Papagianni, Grabreliefs römischer Soldaten in Makedonien Vassiliki Gaggadis-Robin, Sculptures romaines de Bouthrôte Bernard Holtzmann, Les médaillons funéraires de Thasos François Queyrel, Mode de représentation des Julio-Claudiens dans les Cyclades. Traditions régionales et reprises de schémas iconographiques Pavlina Karastanasi, Die Plastik Kretas in der Kaiserzeit Katja Sporn, Römische Grabreliefs auf Kreta. Alte Tradition und neue Wege Katia Mannino, Bronzi antichi dall’Adriatico: una statua di Polydeukion da Punta del Serrone (Brindisi) Elisa Chiara Portale, Una «nuova» Livia da Leptis Magna. Osservazioni sul contributo delle botteghe attiche nell’elaborazione e diffusione dell’immaginario imperiale Thoralf Schröder, Im Angesichte Roms. Überlegungen zu kaiserzeitlichen männlichen Porträts aus Athen, Thessaloniki und Korinth Eirini Chioti, Einflüsse des 6. Bildnistypus der Jüngeren Faustina auf Privatbildnisse des griechischen Raums Marco Galli, Antinoos heros e gli eroi della Seconda Sofistica
Keines der Skulpturenfragmente, die auf dem Makrijanni-Areal bei Metro- und Museumsbau zutage kamen, ist in situ gefunden worden. Sie alle waren offensichtlich als Bau- und Rohmaterial verschleppt worden. Das gilt u. a. für die Fragmente von Idealskulptur, die Chr. Vlassopoulou (25–35) vorlegt, ein Artemistorso, als Variante des Typus «Artemis Colonna» zu identifizieren, ein Hygieiakopf vom Typus «Hygieia Hope» und ein Athenakopf vom Typus der «Athena Vescovali». Ähnlich steht es mit dem Asklepiosrelief, das I. Trianti (381–396) vorstellt. Dass es, wie so manches andere Fragment, in der Spätantike aus dem nahe gelegenen Asklepieion kommt, hat viel für sich, haben doch schon die Ausgrabungen des späten 19. Jahrhunderts im Heiligtum eine Fülle von Marmorarbeiten in Rundskulptur und Relief erbracht. Das erhaltene Relief aber ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich, wenn nicht singulär. Den Rahmen bildet ein Naiskos ionischer Bauordung (!), was auf den Tempel des Gottes selbst anspielen könnte. Auch dass Asklepios im Weihrelief allein [5] und in einem klar erkennbaren Statuentypus, dessen Kopienüberlieferungen wir mittlerweile gut überschauen, dargestellt ist, führt die Verf. zu dem sympathischen Vorschlag, im Relief einen Reflex des spätklassischen Kultbildes zu erkennen. Ein verdienstlicher gewissenhafter Anhang dokumentiert die Mitfunde aus dem gleichen Abfalldepot, noch einmal sind Aklepios und Hygieia prominent vertreten.
N. Kaltsas (151–159) macht die fragmentierte archaische Kore, die 1993 vom J. Paul Getty Museum erworben worden war und 2007 den griechischen Behörden übergeben wurde, mit ausführlicher Analyse zugänglich. Dass das eindrucksvolle Werk einer parischen Bildhauerwerkstatt entstammt und etwa um 530 v. Chr. entstand, muss mit der Stilanalyse erschlossen werden, kann aber als gesichert gelten, auch wenn ein Fundort auf Paros oder sonst in Griechenland weiterhin unbekannt bleiben. Für das bedeutende Kunstwerk wünschte man sich eine ausführlichere Bilddokumentation, als hier vorgelegt (Abb. 5–8 sind nur massstabsgleiche Wiederholungen der Abb. 1–4).
E. Vikela (13–24) knüpft an die epochemachende Publikationen Beschis zum Weihrelief des Telemachos, des Begründers des athenischen Asklepios-Heiligtums [6], an und überprüft eine kleine Anzahl klassischer Weihreliefs – keines davon bisher unpubliziert – und vertieft Beobachtungen, denen in der Forschung bereits vorgearbeitet war. Es sind die begleitenden Inschriften die den Rang des Stifters und seinen persönlichen Darstellungswillen erkennen lassen [7], so dass damit Vorstufen zur Selbstdarstellung hellenistischer Zeit fassbar werden.
Auch E. Voutiras (49–58) greift mit dem Weihrelief der Xenokrateia, ebenfalls ergänzt durch die längere Weihinschrift, ein scheinbar verwandtes Thema auf, entwickelt aber eine andere Fragestellung. Eingangs trägt er zur Lesung und damit zur Interpretation der Inschrift bei und verdeutlicht damit, warum Xenokrateia ihren Sohn unter den Schutz des Kephisos in Anwesenheit der anderen Götter stellt. Die nachfolgenden (wichtigen) Überlegungen klären die Umstände, die zu der Gründung des kleinen Kephisos-Heiligtums innerhalb der langen Mauern in Neo Phaliro durch die Stifterin führten. Sie erfolgte bald nach der Besetzung Attikas durch die Spartaner im Sommer 413, als die Landbewohner und damit auch die Stifterin gezwungen wurden, innerhalb der Mauern Zuflucht zu suchen.
A. Delivorrias (69–86) bleibt seinem Forschungsschwerpunkt «Kopienkritik und Meisterforschung» klassischer Skulptur treu und handelt über den Typus der «Athena Ince». Die reiche Überlieferung in Kopien und ‹Varianten› zeugt für die Bedeutung und den Ruhm des unbekannten verlorenen Urbilds. Die erste Beobachtung des Verf. hat viel für sich: das Urbild war nicht frontal in Vorderansicht aufgestellt, sondern leicht zu seiner Rechten gewendet, woraus folgt, dass es in einem Gruppenzusammenhang gestanden haben wird. Der Verf. vermutet sodann, dass in der Athena Ince die Athena des Alkamenes aus der Hephaistos-Athena-Gruppe im Athener Hephaisteion zu erkennen sei, was rein spekulativ bleiben muss. Den Platz nahmen auch schon die «Athena Hope–Farnese» und die «Athena Cherchel–Ostia» ein.
Ein willkommener Fund gelang A. Zarkadas (117–131) im Bestand des Athener Kanellopoulosmuseums. Er identifizierte einen Statuettenkopf aus Marmor als Wiederholung der nach rechts eilenden «Athena Epidauros», und von einem weiteren Athenaköpfchen im Akropolismuseum wies er nach, dass es sich nicht um eine Nachbildung der Parthenos handelt, sondern er ebenfalls zum Typus der Athena Epidauros gehört. Angesichts der erweiterten Überlieferungslage des Typus, zu dem auch die grossformatige Akrolithstatue in Thessaloniki gehört, wird die Frage nach dem dahinter stehenden Urbild dringlicher. Der Verf. schliesst sich zu Recht keinem der in der Forschung vertretenen Vorschläge an und besteht auch darauf, dass es für das Problem der Chronologie weiterer Untersuchungen bedarf.
Kurz genannt werden soll die Neuvorlage und Diskussion der wenigen erhaltenen Platten vom Fries des ionischen Tempels am Ilissos durch I. Leventi (213–222), weil die Besprechung an die grosse Interpretation des Frieses des Poseidon-Tempels in Sounion durch die Verf. anschliesst [8] und damit insgesamt eine aktuelle Grundlage zum Studium der hochklassischen Architekturfriese gegeben ist.
A. Moustaka (273–282) korrigiert die Interpretation eines hocharchaischen Terrakottakopfes von halber Lebensgrösse aus den Grabungen der achtziger Jahre in Rhamnous und rekonstruiert ein bedeutendes Kultbild der Göttin von Rhamnous in unerwarteter Gestalt. Das isolierte Köpfchen aus dem 2. Viertel des 6. Jahrhunderts galt als Sphingenkopf eines Akroters des archaischen Tempels. Die Verf. erkannte an der Materialqualität und an der Datierung des Dekors die Zugehörigkeit weiterer Fragmente. Der Kopf erhebt sich damit auf einem säulenartigen Körper, der sich nach unten hin in leichtem Schwung kegelähnlich verbreitert. Die Statuette erreicht eine Höhe von immerhin ca. 70 cm.
O. Palagia (283–293) deutet – in genauer Kenntnis der bereits ausufernden Diskussion um die Interpretation der Statue – den Jüngling von Mozia als griechischen Seher aus einer Statuengruppe einer parischen Bildhauerwerkstatt, die Gelon von Syrakus anlässlich des Sieges von Himera 480 v. Chr. stiftete. So sehr griechische Seher auch den Kampfhandlungen ihrer jeweiligen Parteien zur Seite stehen konnten, eine wirkliche ikonographische Parallele eines griechischen Sehers mit gegürtetem Chiton und Waffen ist bisher nicht gefunden worden. Eine (eher fragwürdige) Gegenposition hatte N. Bode in ihrer Bochumer Dissertation von 2001, die die Verf. nicht zitiert, vertreten [9].
K. Tsakos (397–408) bricht eine Lanze für den Jüngling vom Kap Phonias in Samos und versucht zu erweisen, dass der Fundort, an dem er 1902 zutage kam, auch der Ort seiner antiken Aufstellung war. Die beiden wichtigsten Argumente sind einerseits Theodor Wiegands Information von 1906, dass die «formlose Basis der Figur» mitgefunden wurde, die für die bisher vermuteten Raubgräber an der kleinasiatischen Küste ohne Handelswert war, und andererseits die Tatsache, dass nahe der Landspitze neuerdings archaische Gräber lokalisiert sind, der Fundort also nicht so isoliert ist, wie es die ältere Forschung annehmen musste. Die nicht erhaltene [10] «formlose Basis» bleibt ein Problem: um den Stein als Basis der Mantelstatue zu verstehen, müsste die Einlassung für die Plinthe erkennbar gewesen sein. Dass sie dennoch nicht mit der Statue geborgen wurde, bleibt schwer verständlich. Es bleibt ausserdem die stilistische Distanz des Jünglings vom Kap Phonias zur archaischen samischen Skulptur [11].
Das Heiligtum des Apollon Pythios in Athen, vom jüngeren Peisistratos begründet, hatte im Kult- und Festjahr der Stadt Bedeutung. Die Agone des Thargelienfestes fanden hier statt, und die Sieger stifteten ihre choregischen Weihgeschenke in dieses Heiligtum. Basen von Dreifüssen mit Inschriften und Fragmente des archaischen Altargeisons waren sekundär verbaut südlich des Olympieions gefunden worden, aber die genaue Lage und die Grenzen des Heiligtums bleiben unbekannt. I. Travlos vermutete seinerzeit das Zentrum etwa 200 m südlich des Olympieion-Temenos. P. Matthaiou (259–271) versucht, ebenfalls mit epigraphischen Quellen, aber auf breiterer Grundlage, die Lage des Pythions zu präzisieren. Epigraphische Neufunde auch auf Keramikscherben und ein neues Fragment des Altargeisons (s. Nachtrag auf S. 267) helfen weiter. Dadurch wird möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass das Heiligtum weiter nördlich bereits unterhalb der Südwestecke des Olympieions nahe dem dort gelegenen Felsrücken seine nördliche Begrenzung hatte.
N. Kourou (189–200) diskutiert eine frühgeometrische Schulterhenkelamphora unbekannter attischer Herkunft im Athener Nationalmuseum, die die Verf. nach den Regeln der Serie kurz im CVA behandelt hatte. Ihre Besonderheit besteht darin, dass unter ihrem Boden ein sorgfältig gefaltetes Tuch einst aus feinstem Stoff festgeklebt ist, durch die lange Lagerung im Boden fast komplett durchmineralisiert. Die materialkundliche Untersuchung des Stoffes durch Y. Spandidaki ist Teil der Publikation. Es könnte sich um den Schulterumhang (das Epiblema) der jungen Verstorbenen handeln, deren Asche in der Amphora bestattet war. Übergreifende Bedeutung gewinnt der Aufsatz der Verf. auch dadurch, dass er systematisch der unterschiedlichen Verwendung frühgeometrischer Schulterhenkel- und Bauchhenkelamphoren im Gräberwesen nachgeht und in einem anderen Durchgang die Zeugnisse textiler Reste in griechischen Gräbern zusammenstellt.
Konturierte Reliefs (cut-out reliefs) in Ton und Bronze aus archaischer und vorklassischer Zeit Griechenlands entstanden in unterschiedlichen Werkstätten des Festlandes und der ägäischen Inseln. P. Jacobsthals Edition der «Melischen Reliefs» (1931) musste längst um andere Fundgruppen erweitert werden. Man kannte nunmehr die Gattung aus den anderthalb Jahrhunderten von ca. 600 bis 450 vor Chr. Für A. Lembesi (223-231) sind die Funde aus dem südostkretischen Heiligtum von Symi der Anlass, die Sonderentwicklung der Gattung auf Kreta aufzuzeigen. Allein hier setzen «ausgeschnittene» Reliefs kleinen Formats bereits ein Jahrhundert früher ein.
M. Tiverios (349-361) behandelt die Ikonographie zweier attisch rotfiguriger Skyphoi des Penelope-Maler aus dem Jahrzehnt 450–440 vor Chr. in Bochum und Oxford. Beide zeigen in kontinuierender Darstellung von Vorder- und Rückseite athletische Wettkampfszenen, in Bochum den Boxkampf, in Oxford den Ringkampf. Auf dem Bochumer Skyphos ist singulär, dass auf der Rückseite eine Frau mit der Gerte der Kampfrichter in der Hand zur Vorderseite der Kämpfer hinblickt und hinter ihr unter einem grossen Dreifuss gleichsam gefangen in seinem Gestänge ein Mädchen steht. N. Kunisch, der seine Deutung mit Bezug auf die Schilderungen aus den Leichenspielen für Patroklos im 23. Buch der Ilias bezog [12], fragte, ob die Kampfrichterin die Göttin Athena sein könne, und sah in Dreifuss und Mädchenfigur zwei verschiedene Kampfpreise. Tiverios widerspricht mit einleuchtenden Gründen, versteht die Kampfrichterin als Darstellung einer Personifikation (Agonothesia?) und deutet die Mädchenfigur unter dem Dreifuss als Statuendarstellung. Der Oxforder Skyphos ist in anderer Hinsicht aufschlussreich. Seine ganz unterschiedlichen Nikedarstellungen auf der Rückseite und Vorderseite zeugen zusammen mit weiteren Pelikenbildern dafür, dass – anders, als man häufig meint – auch «zweite» und «dritte Sieger» geehrt werden konnten.
Eugenia Vikela, The historical character of certain votive reliefs and the promotion of their dedicators Christina Vlassopoulou, Three idealistic sculptures found on the Makrygiannis plot now in the Acropolis Museum Stavros Vlizos, Semantic connotations of a Roman portrait head Emmanuel Voutiras, Phrontismata: Xenokateia’s votive relief and the sanctuary of Kephisos at Neo Phalero Iphigeneia Dekoulakou, Sarapis and Isis with Bacchic Symbols on a lamp from the Sanctuary oft the Egyptian Gods at Marathon Angelos Delivorrias, The Athena Ince statuary type and its interpretational dead-ends Giorgos Depinis, Marthenoneia mikra Aikaterini Despoini, Mythological representations on shieldbands found in Sindos Stella Drougou, Black glaze «salt cellars» from tomb in the Aigai necropolis Angelos Zarkadas, Head from a Statuette of Athena in the Canellopoulos Museum Fotini Zaphiropoulou, A relief fragment oft he Severe Style from the cemetery of ancient Paros Petros Themelis, Messenian Athletes Nikolaos Kaltsas, A new marble kore in the National Archaeological Museum Pavlina Karanastassi, The ‹Garden oft he Muses› at the Achilleion of Corfu and ist sculptural decoration Georgia Kokkorou-Alevras, Another puzzling Laconian relief Nota Kourou, Attic ash-urns for young maidens: A shoulder-handled amphora from an unknown Early Geometric grave Maro Kyrkou, Innovation and art in the Attic Kerameikos Iphigeneia Leventi, The Ilissos Ionic temple and its frieze revisited Angeliki Lempesi, Dissemination of the technique oft he cut-out relief in bronze or clay among local greek workshops Nassi Malagardis, A unique representation of a satyr dance scene in archaic Athens Fani Mallouchou-Tufano, On the threshold of the Twenty-first century: the evolution ideas, new trends and approaches in the conservation of monuments Angelos P. Matthaiou, The sanctuary of the Pythian Apollo by the Ilissos river Aliki Moustaka, Fragments of an Archaic terracotta statuette from Rhamnous Olga Palagia, The youth of Motya and the battle of Himera Aristea Papanicolaou-Christensen, Pages from Martinus Rørbye’s travel diary Ioannis A. Papapostolou, Aetolia in the Homeric Catalogue of ships Yanis I. Pikoulas, Pausanias and Megalopolitike Evangelia Simantoni-Bournia, Five small kraters from the sanctuary of Hyria on Naxos Tasos Tanoulas, The ruins of Athens and the travellers Michael Tiverios, Iconography and interpretation of scenes on two red-figure skyphoi by the Penelope Painter Evi Touloupa, Helios and Selene Ioannis Touratsoglou, A few words on ancient shipwrecks: the Artemision wreck Ismini Trianti, A votive relief of Asclepios found on the Makrygianni plot Constantinos Tsakos, The Kouros from Cape Fonia: A Samian indeed Alcestis Choremi-Spetsieri, Bust of an elderly «sophist» from the SE slopes oft he Acropolis Elena Walter-Karydi, The domestic mousike techne of women in Classical Athens
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Editors: Lorenz E. Baumer, Université de Genève ; Jan Blanc, Université de Genève ; Christian Heck, Université Lille III ; François Queyrel, École pratique des Hautes Études, Paris |