Mayernik, David : The Challenge of Emulation in Art and Architecture. Between Imitation and Invention. 296 p., 244 x 172 mm, includes 30 colour and 70 b&w illustration, ISBN: 978-1-4094-5767-1, £65.00
(Ashgate Publishing, Farnham 2013)
 
Compte rendu par Erwin Pochmarski, Universität Graz
 
Nombre de mots : 1146 mots
Publié en ligne le 2015-06-16
Citation: Histara les comptes rendus (ISSN 2100-0700).
Lien: http://histara.sorbonne.fr/cr.php?cr=2151
Lien pour commander ce livre
 
 

 

          Das vorliegende Buch des bekannten US-amerikanischen Architekten und Künstlers behandelt den aus der antiken Rhetorik geläufigen Begriff der Emulation (aemulatio). Im ersten Moment denkt man - auch angesichts des Titelbildes - an die Beziehung zur antiken Kunst, was aber nur in kleinen Ansätzen der Fall ist. Vielmehr geht es dem Autor um die Haltung der Künstler der Renaissance und des Barock untereinander, die in einer fruchtbaren Rivalität zu einer Weiterentwicklung führe.

  

         In der Einleitung (1-14) geht der Verf. von der Behauptung aus, dass in der römischen Welt Repliken und Neuheiten Seite an Seite existierten, was in dieser Form nicht zu akzeptieren ist. Die römische Skulptur leistet in den Gattungen des Porträts und des historischen Reliefs (state relief) Eigenes, nicht aber in der Idealplastik, in der die eigenen Leistungen kaum über imitatio hinausgehen und bestenfalls in Umbildungen und Neuschöpfungen gipfeln[1].

   

         Im ersten Kapitel (On Imitation, 15-30) widmet sich M. der Nachahmung als dem ersten Schritt der Ausbildung des Künstlers, etwas Inspirierendes zu imitieren, wobei die direkte Wiederholung eines spezifischen Vorbildes nur einen Aspekt darstelle. Im Zusammenhang mit der Stellung der römischen gegenüber der griechischen Plastik verweist der Autor auf E. Gazda[2] und deren Ansicht, es handle sich bei den römischen Skulpturen um Kopien römischer Originale und eher um Emulation denn Imitation, was man in dieser Form für die römische Idealplastik kaum annehmen wird. Das zweite Kapitel (On Emulation: A Part of Imitation, Or Something Else Again, 31-47) definiert die Emulation über den Begriff der Konkurrenz, die Nachahmung eines Vorbildes könne ein Mittel sein, Ziel aber sei das Übertreffen des Vorbildes (31).

   

         Schon vom Umfang her (49-114) gibt sich das 3. Kapitel (The Theater of Aspirations: Apprenticeship as Performance) als ein zentraler Abschnitt zu erkennen. Ausgehend von der Renaissancekunst und den allegorischen Erfindungen bei Vasari meint M., die Antike bilde den Vorrat der künstlerischen Kultur der Renaissance, die den Anspruch erhebe die Traditionen der großen Künstler der Antike fortzusetzen. Im Zusammenhang mit den Werken Tizians verweist der Autor auf die Emulation ekphrastischer (literarischer) Quellen, aber auch antiker Vorbilder wie der Sarkophage. Im Zusammenhang mit den Kaiserfora (92-98) leistet sich der Verf. einen Exkurs zur Antike, wobei er die Reihe der Kaiserfora als eine emulative Kette mit einer kumulativen Sequenz von Bestrebungen und Antworten bezeichnet (97). Hier wird man ein paar Details richtigstellen müssen. Der Concordia-Tempel ist keineswegs einer der ältesten Tempel auf dem Forum Romanum; das Forum Iulium ist planerisch nicht von tabernae, sondern von Portiken (porticus) eingefasst; die Hypothese, die aedes Divi Traiani könnte sich unter der Kirche S. Maria di Loreto befunden haben, darf zumindest gewagt genannt werden. Unklar bleibt auch die Bezeichnung Temple of Peace für die Basilika des Maxentius (100). Gleichfalls zentral ist das vierte Kapitel zu nennen (An Atelier of Rivals: Constructive Competition, 115-151), in dem einerseits Tizians Emulation der Antike und andererseits die künstlerische Rivalität behandelt werden. Mit dem Klassizismus (Neoklassizismus kein adäquater Begriff) der 2. Hälfte des 18. Jhs. erlösche die Emulation und die echte Rivalität.

   

         Das 5. Kapitel (The Mosaic of History: Tesserae and Continuum, 153-187) geht der Verf. noch einmal dem Begriff der Emulation an einem Beispiel wie dem Bacchus des Michelangelo nach. Des Weiteren verfolgt er die Verwendung von Spolien antiker Architektur an Werken wie dem Baldachin von S. Maria Maggiore. Von Gewicht ist auch der Vergleich der Renaissance-Villen mit jenen der Antike, der sich auf das Leben auf einem Gutshof all'antica bezieht[3]. Als Beispiel für die Fiktion der Ruine eines antiken Tempels behandelt der Autor Bramantes Tempietto auf dem Ianiculum. Schließlich würdigt M. das ikonographische Raffinement der Karlskirche, wobei korrigierend angefügt sei, dass sich die Tätigkeit von Fischer von Erlach keineswegs vor allem auf Osteuropa konzentrierte (174).

   

         Im 6. Kapitel (Metamorphosis: Found in Translation, 189-214) geht es um die Skulpturen in der Loggia die Lanzi und vor dem Palazzo Vecchio in Florenz. Hinter der emulativen Kette, welche die Skulpturen von Michelangelo, Bandinelli und Cellini darstellten, stünden im 15. und 16. Jh. entdeckte hellenistische Skulpturen. Als Beispiel für ein Rivalisieren mit der kaum bekannten antiken Malerei nennt M. die 1604 entdeckte Aldobrandinische Hochzeit. Er möchte annehmen, dass das Verhältnis zur griechischen Malerei ein emulatives sei. Als ein Beispiel für Emulation in der Architektur der Gegenwart nennt M. schließlich den Plan des Campus von TASIS, der amerikanischen Schule in der Schweiz.

   

         Im 7. Kapitel (On Invention, 215-224) definiert der Verf. die Erfindung für den Künstler als die Entdeckung von Ideen (215). Für die Renaissance stelle die Antike den Prüfstein dar, der den Ansporn für neue Leistungen bilde. Die Erfindung hänge von den Fähigkeiten des Künstlers ab, die dieser durch imitatio und aemulatio erworben habe. Dem Ende der Emulation sind die beiden letzten Kapitel in dem Buch gewidmet (8: The End of Emulation, 225-230, und Coda: The Case for Emulation, 231-233). Wie bereits in einem der vorigen Abschnitte ausgeführt, stelle der Klassizismus des 18. Jhs. das Ende der Emulation dar. Die kunsthistorische Wissenschaft sei nach Meinung des Autors vielfach blind für die in der Renaissance und im Barock lebendige Praxis der Emulation, welche die Erfindung in eine lebendige, kompetitive Tradition kanalisiert habe.

   

         Das Buch wird abgerundet durch eine nicht sehr umfangreiche Bibliographie (235-241) und einen nützlichen Index (243-246). Besonders hervorgehoben werden müssen aber die ausgezeichneten Illustrationen in dem Buch, wobei die Zeichnungen auf den Autor selbst zurückgehen; hinzu kommen aber Aufnahmen von Ölgemälden, Fresken, Entwürfen und Bauten Mayerniks. Störend sind die relativ zahlreichen Druckfehler[4].

 

 

 

[1]   Vgl. F. Preisshofen - P. Zanker, Reflex einer eklektischen Kunstanschauung bei Auctor ad Herennium, DialA 4-5, 1970-71, 100-119; P. Zanker, Klassizistische Statuen (Mainz 1974.

[2]   E. Gazda (Hrsg.), The Ancient Art of Emulation

(Ann Arbor 2002).

[3]   Vgl. M. Zarmakoupi, Designing for Luxury on the bay of Naples (Oxford 2014).

[4] S. 4: Marcus Vitruvius Pollio, nicht Marcus Pollio Vitruvius; S. 31: aemulatio statt aemulat- ; S. 32 und öfter (S. 40. 41. 64. 66. 209): ekphraseis statt ekphrases; Lucullus statt Luculus; S. 34: o poet statt O poet; S. 59: while from the entry statt while the from the entry; instead one statt instead ones; S. 60: Leto statt Leo; S. 74: drawing statt drwing; S. 80: after Titian statt after Titians; S. 87: ἐν τoύτω νίκα statt Εν Τούψ Νίκα; S. 95 (auch S. 96. Subura statt Suburra; Saepta Iulia statt Saeptum Iulium; S. 99: Renaissance statt Reanaissance; S. 103. Vitruvius statt Viturvius; S.104: aposiopesis statt aposeiopesis; S. 113, Anm. 46: Ulrich statt Uhlrich; Anm. 51: Cities statt Citiees; S. 132 (2 x, S. 133. 144): scaenae frons statt scenae frons; S. 155: Spoglie statt spollie; S. 156: of statt or; S. 159 deposition statt depostion; S. 176: Fischers statt Fishers; S. 199 Penates statt panates; S. 200: nach figure of St. Matthew: fig. 6.3a zu ergänzen; S. 202: nach Sarto's St. John: fig. 6.3b zu ergänzen; S. 210: Fig. 6.5: Villa Pasquali statt Pasquale; S. 213: nach the library: fig. 6.6b zu ergänzen.