Kintrup, Carola : Die attischen Sarkophage. Zweiter Faszikel: Amazonomachie – Schlacht – Epinausimachie (Die antiken Sarkophagreliefs, Band 9), ca. 484 S. m. 732 sw- u. 64 farbigen Abb., 24 x 34 cm, Hardcover, ISBN 978-3-7861-2755-0, Ca. 128,00 €
(Gebrüder Mann Verlag, Berlin 2016)
 
Reviewed by Erwin Pochmarski, Universität Graz
 
Number of words : 3409 words
Published online 2017-01-23
Citation: Histara les comptes rendus (ISSN 2100-0700).
Link: http://histara.sorbonne.fr/cr.php?cr=2903
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          Wie bereits in dem Band 9, 1, 3 der Antiken Sarkophagreliefs (ASR) angekündigt[1], handelt es sich hier um den zweiten von drei Faszikeln der ASR zu den attischen Sarkophagen[2]. Erstaunlich ist, dass bei diesem zweiten von einem Beirat herausgegebenen Band der noch im Faszikel 9, 1, 3 verwendete Titel für den 9. Band: „Die Sarkophage Griechenlands und der Donauprovinzen” nicht mehr verwendet wird[3]. Aus dem Vorwort des Beirates (27) geht hervor, dass die Arbeit aus der 1997 an der Universität Münster bei H. Wiegartz eingereichten Dissertation[4] der Autorin hervorgegangen sei; in diesem Sinn richtet sich deren Danksagung (29) in erster Linie an H. Wiegartz und darüber hinaus an G. Koch, den vormaligen Herausgeber der ASR.

   

         Dem eigentlichen Text ist in dem Band ein sehr umfassendes Literaturverzeichnis unter der Bezeichnung „Abkürzungen” vorangestellt (9-25), in dem tatsächlich alle im Text abgekürzt zitierten Publikationen enthalten sind. Ergänzen ließe sich für das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, das zu Vergleichszwecken öfter angeführt wird: A. Landskron - F. Fichtinger - G. Forstenpointner, Das Heroon von Trysa. Ein Denkmal in Lykien zwischen Ost und West. Untersuchungen zu Bildschmuck, Bauform und Grabinhaber [2 Bde.] (Wien, 2015) (Schriften des Kunsthistorischen Museums, 13); für die Marcussäule: F. Coarelli, La colonna di Marco Aurelio. The column of Marcus Aurelius (Roma, 2008).

   

         In der Einleitung (33-35) weist die Autorin darauf hin, dass in dem Corpusband gegenüber den 180 Sarkophagen mit Schlachtszenen im Handbuch der römischen Sarkophage[5] 350 Sarkophage und Sarkophagfragmente bzw. 270 Katalognummern enthalten seien (33 Anm. 1). Hier hätte man sich eine detaillierte Aufschlüsselung nach den drei im Titel enthaltenen Themen - Amazonomachie, Schlacht und Epinausimachie - erwartet, was aber nicht der Fall ist. Tatsächlich ergibt sich die Zahl der den einzelnen Themen zuzuordnenden Sarkophage erst aus dem Text bzw. aus dem Katalog. Es handelt sich demnach um 128 Katalognummern, welche zu Exemplaren mit der Amazonomachie gehören. Dabei geht die Autorin im Text von einer Reihe mehr oder weniger vollständig erhaltener „Leitexemplare” aus, die sie jeweils nach den Kategorien Tektonik und Ornamentik bzw. Ikonographie und Stil charakterisiert; diesen 18 Exemplaren (Kat. 54, Vorderseite [Vs.] 60, Vs. 78. 82. 89. 112. 129. 130. 141, Vs., lokal. 156. 186, Vs. 199 Vs., lokal. 244. 245. 247. 259, Vs.) ordnet sie nach typologischen Gesichtspunkten jeweils eine Reihe von Fragmenten zu, wobei allerdings oft erst aus dem Katalogtext hervorgeht, dass die Deutung auf eine Amazonomachie fraglich ist bzw. eine Deutung als Amazonomachie oder Schlachtszene, als Amazonomachie, Schlacht oder Epinausimachie, als Amazonomachie, Schlacht oder Jagd oder gar als Amazonomachie oder Achill auf Skyros in Frage kommt.

   

         Dem entspricht die Vorgehensweise der Autorin bei den Schlacht-Sarkophagen. Hier handelt es sich um 11 Katalognummern von vollständig bzw. relativ gut erhaltenen Exemplaren (Kat. 4. 31. 55, fragmentiert. 72. 87. 131, fragmentiert. 134, fragmentiert. 167, Vs. 237. 260. 262), denen K. 113 Katalognummern von Sarkophagfragmenten zuordnet, wobei hier wieder oft die Deutung als Schlacht mit Fragezeichen ausgesprochen wird bzw. als Schlacht oder Amazonomachie, Schlacht oder Epinausimachie, Schlacht oder Achill, Schlacht, Amazonomachie oder Epinausimachie, Schlacht oder Jagd; diese möglichen anderen Deutungen gehen wieder erst aus dem Katalogtext hervor.

   

         Die zahlenmäßig kleinste Gruppe sind die Epinausimachie-Sarkophage bei denen es sich um 9 Katalognummern handelt, die wieder als „Leitexemplare” fungieren, jedoch großteils fragmentiert sind (Kat. 5, sehr fragmentiert. 77, Vs. 84, vollständig. 162, fragmentiert. 217, fragmentiert. 241, sehr fragmentiert. 248, vollständig 261, vollständig. 266, fragmentiert); ihnen werden von der Autorin 24 Sarkophagfragmente zugeordnet, wobei in einer Reihe von Fällen die Deutung auf Epinausimachie mit Fragezeichen, Epinausimachie oder Schlacht, Epinausimachie oder Schlacht bei Marathon oder überhaupt Schlacht bei Marathon lautet.

   

         Weiters weist die Autorin einleitend (33) darauf hin, dass die attischen Sarkophage für die griechische Plastik der Kaiserzeit den Rang einer Leitgattung einnähmen, wobei die Amazonomachie- und die Schlacht-Sarkophage die zahlenmäßig größte Gruppe der attischen mythologischen Sarkophage bildeten. Dazu muss bereits hier gesagt werden, dass mit Schlacht die Schlacht vor Troja gemeint ist. Die attischen Sarkophage mit Schlachtszenen setzen mit dem Wechsel von Dachdeckeln zu Klinendeckeln um 160 n. Chr. ein und reichen bis ans Ende der attischen Sarkophagproduktion 260/270 n. Chr. (34).

   

         In der Folge (35-40) legt die Autorin eine systematische Liste der Figuren- und Gruppentypen auf den Sarkophagen mit Schlachtszenen vor, die durch Zeichnungen und Beschreibungen verdeutlicht werden. Dabei muss auffallen, dass es sich bei den in den Zeichnungen wiedergegebenen Typen im Regelfall um Figuren bzw. Gruppen aus der Amazonomachie handelt. Ausnahmen stellen lediglich K II. K II b. K XIII. K XV. H I. H II H III. V I. VII. V III. G I. G II. G V. G VII. R und T dar, wobei natürlich die Figur des jeweiligen unterlegenen Amazone auch durch eine männliche Figur wiedergegeben werden kann.

   

         Die Beschreibung der einzelnen Figuren- und Gruppentypen erfolgt ohne Hinweis auf motivische oder typologische Vorbilder. Dieser Frage wird erst im 6. Kapitel (Vorbilder und ikonographische Tradition der Figuren- und Gruppentypen, 182-204) von der Autorin nachgegangen.

   

         Im Einzelnen darf zu den Beschreibungen Folgendes bemerkt werden. Durchgehend ist von einer stehenden Figur die Rede, auch wenn es sich um einen Ausfallstellung handelt; immer wird statt Lanze Speer gesagt, was nicht zutrifft, da es sich jeweils um eine Stichwaffe handelt; fast immer wird statt auf dem Boden der Ausdruck am Boden gebraucht, was nur österreichisch zulässig ist; 35: K VI: wo ist hier ein Haarreißermotiv ? 42: K III: Pelta der Amazone wird laut Zeichnung nicht gefasst; K V: Gepanzerter greift nicht rücklings, sondern von hinten eine Amazone an; 44: K XV: zu den Schiffen ist unkorrekt, es muss heißen zu dem Schiff; 45: S II: dessen Kopf nicht er, sondern sie zurückreißt; H III: der Helfer hält den Schild nicht in der linken Hand, sondern am linken Arm; 46: V I: des linken Schiffes: auf der Zeichnung befindet sich aber nur ein Schiff; V II: nicht auf dem mittleren Schiff, sondern auf dem Heck des Schiffes; 47: G II: statt Rückenansicht besser Rückansicht;

   

         Im 3. Kapitel (49-104) erfolgt die Auseinandersetzung mit den attischen Amazonomachie-Sarkophagen. Dabei werden zunächst die beiden frühen Gruppen behandelt, die dem 2. Jh. n. Chr. (richtiger wohl der zweiten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr.) und dem beginnenden 3. Jh. n. Chr. angehören. Charakteristisch für die beiden Gruppen ist, dass sie jeweils dieselben Figuren- und Gruppentypen in derselben Reihenfolge auf der Vorderseite der Sarkophage tragen (49), woraus sich die Frage nach jeweils gemeinsamen Vorbildern ergibt, die aber unbeantwortet bleibt. Eines der wichtigsten Stücke der Gruppe I ist der im Pariser Louvre befindliche, vollständig erhaltene Sarkophag Kat. 156 aus Thessaloniki, der durch die Porträts des verstorbenen Ehepaares auf dem Klinendeckel eine Datierung zwischen 165 und 170 n. Chr. ergibt, was wohl eine mittelantoninische (und nicht spätantoninische) Ansetzung des Stückes nahelegt.

   

         Bezüglich der Sarkophagfragmente, welche von K. den Leitstücken der Gruppe I Kat. 54 und 156 zugeordnet werden ergeben sich folgende Fragen: 53: wo ist auf Kat. 101 der Figurentypus K I ? Kat. 18: wo soll der Typus K XIV sein? 54: Kat. 242: von der Gruppe K V ist nichts zu erkennen.

   

         Etwas später als für die Gruppe I setzen die Belege für die Amazonomachie-Gruppe II der attischen Sarkophage ein, die K. in der Folge behandelt (57-64). Die beiden Leitstücke dieser Gruppe sind Kat. 82 (Cambridge, Mass.) und Kat. 89 (Ephesos), wobei die beiden Stücke aufgrund ihrer Erhaltung in dieser Reihenfolge besprochen werden sollten und nicht umgekehrt, wie es die Autorin tut. Zu Recht macht die Autorin darauf aufmerksam (59), dass die Figuren der rechten Ecke der Vorderseite von Kat. 82 und Kat. 89 verschieden seien, was sie schlüssig damit begründet, dass die Figuren von links nach rechts gearbeitet worden seien, wobei nach dem verbleibenden Platz auf dem Marmorblock über etwaige restliche Figuren oder Gruppen entschieden wurde (59 Anm. 96). S. 58 Anm. 91 muss der Plural von tubicen tubicines lauten.

   

         Den beiden Leitstücken der Gruppe II ordnet die Autorin eine ganze Reihe von Sarkophagfragmenten zu, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Kat. 82 und Kat. 89 der Amazonomachie-Gruppe II zuzuweisen wären.

   

         Im Einzelnen darf zu den angeführten Fragmenten und der Beschreibung der Autorin Folgendes gesagt werden: 61 Kat. 80: von der Gruppe S I ist nichts zu sehen; Kat. 126: ebenso; 62 Kat. 206: Haarreißergruppe K II ist nicht zu erkennen; Kat. 53 wird auf einmal statt der Amazonomachie-Gruppe I (53) der Amazonomachie-Gruppe II zugeordnet!

   

         Die Gruppe III der attischen Amazonomachie-Sarkophage (64-68) gehört gleichfalls der zweiten Hälfte des 2. und dem Anfang des 3. Jhs. n. Chr. an; es werden zwar teilweise Figuren- und Gruppentypen verwendet, die charakteristisch für die Frontseiten der Gruppen I und II sind; die Typen werden nun jedoch in anderer Weise zusammengestellt und mit neuen Figuren- und Gruppentypen kombiniert.

   

         In der Folge werden von der Autorin die Amazonomachie-Sarkophage des 3. Jhs. n. Chr. behandelt (68-97), bei denen nun Kompositionen nach feststehenden Vorlagen aufgegeben werden.

   

         Abschließend (97-104) resümiert K. die von ihr erzielten Ergebnisse zu den Amazonomachie-Sarkophagen. Die Vorlagen der Amazonomachie-Sarkophage des 2. Jhs. n. Chr. seien im 3. Jh. n. Chr. nicht mehr verbindlich (98); es stellt sich hier allerdings die Frage nach der Art der Vorlagen: von der Autorin wird zwar eine Typologie vorgelegt, aber zunächst einmal keinerlei Auskunft zu möglichen Vorlagen gegeben. Auffällig ist, dass die späten Sarkophage im Vergleich zu den frühen kleiner geworden sind und daher weniger arbeitsaufwändig waren. Der Beginn der gesamten Reihe werde durch den Sarkophag in Paris Kat 156 (und nicht 152) gemacht (98). Die durch ihn vertretene Amazonomachie-Gruppe I setzt vor der Gruppe II ein; deren Vertreter sind noch vorhanden, als Stücke der Gruppe I nicht mehr belegt sind, wobei am Ende des 2. Jhs. n. Chr. die beiden Gruppen nebeneinander bestehen (100). An den Frontseiten der Gruppen I und II der Amazonomachie-Sarkophage finden sich jeweils feste Kompositionsschemata. Charakteristisch für die Gruppe I sind die Typen K XIV, K I mit G I, K XI und K III, für die Gruppe II die Typen S I, G II, H I, R, K X mit G III. Die beiden Gruppen stellen die Repräsentanten zweier verbindlicher Vorderseiten-Kompositionen zwischen 160/170 und 200 n. Chr. dar; Variationen gibt es lediglich am rechten Ende der Friese wegen der bereits geschilderten Arbeitstechnik durch Füll- und Hintergrundfiguren: so tritt generell bis 230 n. Chr. eine dichtere Füllung der Friese durch Figuren ein. Bei den späten Amazonomachie-Sarkophagen seit 240 n. Chr. wird die Zahl der Figuren und die Vielfalt der Typen wieder reduziert. Der späteste erhaltene Amazonen-Sarkophag ist Kat. 247 in Thessaloniki, der um 250 / 260 n. Chr. entstanden ist.

   

         Im vierten Kapitel (104-151) befasst sich die Autorin mit den attischen Schlacht-Sarkophagen, wobei sie die von ihr erzielten Ergebnisse wie folgt zusammenfasst (142-151). Für das Einsetzen der attischen Schlacht-Sarkophage gelte derselbe Zeitraum wie für die thematisch verwandten Amazonomachie-Sarkophage, die gleichfalls bis zum Ende der attischen Sarkophagproduktion um 260 n. Chr. laufen. Ein Problem stellt die nur fragmentarische Überlieferung der Schlacht-Sarkophage im 2. Jh. n. Chr. bis zum ersten Viertel des 3. Jhs. n. Chr. dar. Damit lässt sich die Frage nach den Kompositionsschemata der Vorderseiten und etwaiger gemeinsamer Vorlagen der frühen Schlacht-Sarkophage nicht beantworten. Ab dem zweiten Viertel des 3. Jhs n. Chr. sind auch vollständige Sarkophage überliefert, so dass Aussagen zum Typenrepertoire und zu den Kompositionen möglich sind. Eine der Entwicklungen des zweiten Viertels des 3. Jhs. n. Chr. ist das Ausgreifen (die Autorin spricht meist von Eingreifen) der Friesfiguren in die konventionelle obere Profilabfolge. Typische Kampfgruppen für diese Zeit sind die Typen K IIb, K VIII und K XIII, wobei diese Kampfgruppen sich auch bei den Amazonomachie-Sarkophagen erst nach 230 n. Chr. im Repertoire finden. Eine weitere ähnliche Entwicklung stellt die Tatsache dar, dass sich die Kumulation von Typen mit Gegnern im direkten Körperkontakt sowie von Füll- und Hintergrundfiguren ab 240 n. Chr. nicht mehr findet. Eine weitere wichtige Beobachtung ist, dass die dramatische Wirkung und der mythologische Inhalt der Szenen an Substanz verlieren, indem Figurentypen aus verschiedenen mythologischen Themenbereichen auf die Schlacht-Sarkophage übertragen werden, so z. B. von den Achill- und den Hippolytos-Sarkophagen.

   

         Das 5. Kapitel (151-182) beschäftigt sich mit den attischen Epinausimachie-Sarkophagen; die Ergebnisse (177-182) fasst die Autorin folgendermaßen zusammen. Die Epinausimachie-Sarkophage lassen sich für den Zeitraum 180-260 n. Chr. belegen, d. h. sie setzen etwas später ein als die Amazonomachie- und die Schlacht-Sarkophage, lassen sich aber bis zum Ende der attischen Sarkophagproduktion verfolgen. K. unterscheidet bei den nicht sehr zahlreichen Beispielen der Epinausimachie-Sarkophage zwei Gruppen: die Gruppe I habe die Schiffe auf der linken Seite der Vorderseite des Sarkophags, die Gruppe II auf der rechten; die Gruppe I lasse sich durch den gesamten Zeitraum von 180-260 n. Chr. beobachten, die Gruppe II hingegen erst ab 240/250 n. Chr. Innerhalb der Kampfthematiken handelt es sich um die einheitlichste Gruppe, was Tektonik, Ornamentik und Ikonographie betrifft. Der obere Kastenabschluss, die Sockelzone und die als Eckfiguren dienenden Karyatiden spielen in der Entwicklung der Tektonik eine geringere Rolle als bei den Amazonomachie- und Schlacht-Sarkophagen. An den Epinausimachie-Sarkophagen lässt sich im Vergleich zu den Themen anderer Sarkophage ein frühes Ausgreifen in die oberen Profile feststellen. Bei der späteren Gruppe II lässt sich wie bei den späten Amazonomachie- und Schlacht-Sarkophagen eine zunehmende Frontalität, eine Angleichung der Kopfhöhen, eine Abnahme der bewegten Figuren sowie der brutalen Elemente feststellen.

   

         Das 6. Kapitel (182-204) setzt sich mit der wichtigen Frage der Vorbilder und der ikonographischen Tradition der Figuren- und Gruppentypen auseinander, wobei man hier vergeblich auf eine Antwort auf die Frage nach einem einheitlichen Vorbild der Amazonomachie-Gruppen I und II hofft. Die Autorin hält zunächst (182) fest, dass sich für die auf den attischen Sarkophagen mit Schlachtszenen verwendeten Figuren- und Gruppentypen Vorlagen auf prominenten Denkmälern, vor allem aus der Reliefplastik feststellen ließen. Für die beiden frühen Amazonomachie-Gruppen I und II, sieht K. die ikonographisch engsten Vorbilder in den stadtrömischen Amazonomachie-Sarkophagen. Während aber das Bildprogramm der beiden attischen Gruppen I und II jeweils eine einheitliche Vorlage habe – wofür uns die Autorin allerdings eine Antwort schuldig bleibt -, hätten die stadtrömischen Amazonomachie-Sarkophage keine derartige einheitliche Typenabfolge. Die Vorbildfunktion der stadtrömischen Sarkophage erhelle sich aber aus den Übereinstimmungen mit „Leitexemplaren” der attischen Amazonomachie-Gruppe I wie Kat. 156 und Kat. 54 bzw. der Gruppe II mit den Leitstücken Kat. 82 und Kat. 89. Auffällig ist dabei, dass nach K. das Typenrepertoire der attischen Amazonomachie-Gruppe I in den wesentlichen Figuren und Kampfgruppen der stadtrömischen Amazonomachie-Gruppe II entspricht, während das Typenrepertoire der attischen Amazonomachie-Gruppe II der stadtrömische Amazonomachie-Gruppe I mit den frühesten stadtrömischen Sarkophagen entspreche. In der Folge versucht die Autorin, die etwaigen Vorbilder in der Reliefkunst vom 5. Jh. v. Chr. bis zur späthellenistischen Zeit festzustellen, wobei es sich jeweils um motivische und nicht typologische Parallelen handelt[6]. Auffallend ist auch Ks. Beobachtung, dass sich zu den signifikanten Typen der attischen Amazonomachie-Gruppe II auf den stadtrömischen Amazonomachie-Sarkophagen kaum Parallelen fänden, womit die These von der Vorbildhaftigkeit der stadtrömischen Sarkophage sehr in Frage gestellt wird, wobei sich K. auf derselben Seite selbst widerspricht (191). Zur Frage der Überlieferung der Figuren- und Gruppentypen auf den attischen Sarkophagen neigt K. dazu, den Argumenten von H. Froning und C. Reinberg[7] zu folgen, wonach man am ehesten von Gipsabgüssen als möglichen Vorbildern auszugehen habe. Nicht ganz nachvollziehbar ist das von K. vorgebrachte Argument, wonach Stücke aus Gips wegen des geringen Gewichtes eine handliche und gut transportable Ware darstellten (203).

   

         Im 7. Kapitel (204-207) befasst sich K. relativ knapp mit den Fragen von Mythologie, Ikonographie und Deutung. Wichtig sei, dass es sich bei den Schlachtdarstellungen jeweils um mythologische Szenen handle, wobei an dem frühen Sarkophag Kat. 156 mit den Darstellungen von Odysseus auf der Vorderseite und Achill und Penthesilea auf der linken Nebenseite ein deutlicher Hinweis auf die trojanische Amazonomachie gegeben sei (204). Die Autorin stellt die Frage, ob aufgrund des unterschiedlichen Typenrepertoires und der Komposition der Sarkophage der frühen Amazonomachie-Gruppen I und II vielleicht unterschiedliche Amazonomachien gemeint seien, ohne aber die Frage zu beantworten. Zum Unterschied von den stadtrömischen Schlachtsarkophagen, wo es sich um Schlachten gegen die Gallier oder andere Barbaren handelt, sei bei den attischen Schlacht-Sarkophagen der Kampf der Griechen gegen die Trojaner gemeint, was auch für die Epinausimachie-Sarkophage gelte. K. wirft auch die Frage nach der sepulkralsymbolischen Deutung der Schlachtszenen auf attischen Sarkophagen auf, ob nämlich die Kampfszenen für Jenseitsvorstellungen eine Bedeutung hätten, was sie mit dem etwas naiven Hinweis (206 Anm. 1145) ablehnt, man könne sich das Jenseits kaum als einen ewigen Kampf vorstellen. Auf der folgenden Seite bejaht die Autorin allerdings die Idee, dass durch die Kampffriese der Bestattete in einen heroischen Kontext einbezogen werde, wobei sie allerdings den Gedanken der Heroisierung des Verstorbenen, der jedenfalls naheliegt, zurückweist.

   

         Das abschließende 8. Kapitel des Textteiles (207-216) bringt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine Besprechung der Chronologie. K. kommt dabei (209) noch einmal auf die Frage der verbindlichen Typenabfolge bei den attischen Amazonomachie-Sarkophagen der Gruppen I und II zurück, welche zwei einheitliche Vorlagen nahelegen würden. Jedoch würden die vorbildlichen stadtrömischen Sarkophage eine abwechslungsreiche Abfolge von Figuren- und Gruppentypen aufweisen. Die drei Gruppen der attischen Sarkophage mit Schlachtszene weisen nach K. gleichartige Entwicklungen hinsichtlich Tektonik, Ornamentik, Ikonographie und Stil auf. An den Amazonomachie- und den Schlacht-Sarkophagen zeige sich nach dem Wechsel vom Dach- zum Klinendeckel für einige Jahrzehnte die Ausbildung einer kanonischen Abfolge für den oberen und den unteren Kastenabschluss mit Perlstab, Eierstab, lesbischem Kyma und oberer Leiste bzw. unterer Leiste, Flechtband und lesbischem Kyma. An den Eckfiguren der Vorderseiten zeige sich ab 220 n. Chr. der Beginn einer Angleichung des Kopfniveaus von Eck- und Friesfiguren, womit die überragende Position der Eckfiguren abgemildert und ihre tektonische Funktion reduziert werde. Die Figuren- und Gruppentypen seien zunächst auf den Amazonomachie-Sarkophagen belegt, danach in adaptierter Fassung auch auf den Schlacht- und Epinausimachie-Sarkophagen, wobei die Amazonen durch männliche Kämpfer ersetzt werden können (213 Anm. 1186). Auffallend ist, dass im Laufe der Entwicklung unterschiedliche Momente des Kampfgeschehens dargestellt werden. Während auf den frühen Sarkophagen bis 230/240 n. Chr. die Kämpfenden in Situationen höchster Dramatik wiedergegeben werden, die in verschiedenen Körperansichten gezeigt werden, nehmen ab 240 n. Chr. frontalansichtige Figuren zu, und es werden kaum mehr lebensbedrohliche Momente gezeigt.

   

         Auf den Textteil folgt der Katalogteil (217-298). Die einzelnen Katalognummern, welche alphabetisch nach den Aufbewahrungsorten der Sarkophage und Sarkophagfragmente ohne Trennung nach Amazonomachie, Schlacht und Epinausimachie angeordnet sind, werden im Fall der „Leitexemplare” sehr eingehend behandelt; bei den Fragmenten handelt es sich um knappe, aber präzise Beschreibungen. Bei den sehr erschöpfenden Literaturangaben hätte man sich auch einen Hinweis auf den Textteil gewünscht, in dem die jeweiligen Exemplare besprochen werden. Auf eine Konkordanz zu Robert, ASR 2, ASR 3, 2 und ASR 3, 3 (299) folgt ein Abbildungs- und Tafelverzeichnis (301-309), an dem auffällt, das für die Negative des DAI Rom kein Photograph genannt wird, bei dem es sich im Regelfall um G. Koch handeln dürfte, ein Ortsregister (311-318) und ein Namens- und Sachregister (319-320).

   

         Die folgenden 104 Tafeln sind durchwegs von ausgezeichneter Qualität, wozu man die Autorin und den Verlag nur beglückwünschen kann. Man ist froh, diesen sehr sorgfältig gearbeiteten Corpusband in Händen zu haben und hat der Autorin, dem Beirat des DAI und vor allem dem ehemaligen Herausgeber der ASR zu danken.

 


 

[1]   J. H. Oakley, Die antiken Sarkophagreliefs: IX Die Sarkophage Griechenlands und der Donauprovinzen, 1. Teil: Die attischen Sarkophage, 3. Faszikel: Andere Mythen (Berlin 2011)

[2]   Vgl. S. Rogge, Die antiken Sarkophagreliefs, IX, 1. Die attischen Sarkophage, 1. Achill und Hippolytos. (Berlin 1995)

[3]   Damit mag auch zusammenhängen, dass dem Rez. als einem der Bearbeiter der Sarkophage von Pannonien und Noricum dieser Auftrag einfach entzogen wurde.

[4]   C. Kintrup, Attische Sarkophage mit Schlachtszenen (1999 als Microfilm-Ausgabe erschienen).

[5]   G. Koch - H. Sichtermann, Römische Sarkophage, HdArch 3 (München 1982) 390-392. 405-410. 410-414.

[6]   Vgl. D. Willers, Typus und Motiv. Aus der hellenistischen Entwicklungsgeschichte einer Zweifigurengruppe, AntK 29, 1986, 137-150 = ders., Typus und Motiv. Aus der hellenistischen Entwicklungsgeschichte einer Zweifigurengruppe, in: Πανηγυρις συμφιλoλoγoυντων. Festschrift für Thomas Gelzer zum 60. Geburtstag am 29. Juni 1986 (Bern 1986) 13-31.

[7]   H. Froning, Die ikonographische Tradition der kaiserzeitlichen mythologischen Sarkophagreliefs, JdI 95, 1980, 322-341; C. Reinsberg, Studien zur hellenistischen Toreutik. Die antiken Gipsabgüsse aus Memphis (Hildesheim 1980) (Hildesheimer ägyptologische Beiträge, 9).