Katakis, S.E.: Attic Sarcophagi with Garlands, Erotes and Dionysiac Themes. Corpus Signorum Imperii Romani: Greece: Volume I, Fascicule 2: Athens, National Archaeological Museum I. ISBN-13: 9789604043385, 140 p., 47 pl., 60 €
(Academy of Athens, Athens 2018)
 
Compte rendu par Erwin Pochmarski, Institut für Archäologie der Universität Graz
 
Nombre de mots : 4080 mots
Publié en ligne le 2019-04-24
Citation: Histara les comptes rendus (ISSN 2100-0700).
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          Bei dem vorliegenden Band des griechischen CSIR[1] handelt es sich um den ersten von zwei Bänden, die für die attischen Sarkophage aus dem Athener Nationalmuseum (NAM) vorgesehen sind. Im NAM liegt eine relativ große Zahl von attischen Sarkophagen aus der römischen Kaiserzeit gesammelt vor, wobei allerdings nur wenige davon vollständig (Nr. 1-4. 61-64. 94 [allerdings unfertig]. 95. 112. 113), die meisten aber in Bruchstücken erhalten sind. Katakis (K.) hat das Material in drei Gruppen gegliedert: 1. Girlandensarkophage (Nr. 1-58) bzw. Sarkophage mit Akanthusrollen (Nr. 59-60), 2. Sarkophage mit verschiedenen Szenen mit Eroten - Szenen des Komos (Nr. 61-93), wagenlenkende Eroten (Nr. 94-101), Szenen mit Eroten beim Spielen oder in der Palästra (Nr. 102-106), Eros und Psyche (Nr. 107) und andere Szenen mit Eroten (Nr. 108-111), und 3. Dionysische Sarkophage - Sarkophage mit Dionysos und dem dionysischen Thiasos (Nr. 112-114), Sarkophage mit Szene der Weinlese (Nr. 115-125).

   

         Wie aus der Einleitung zu dem Band hervorgeht (S. 7-8), hat der Verf. das Studium der Sarkophage im NAM bereits während seiner Tätigkeit als Forschungsassistent in den Jahren 1992 und 1993 begonnen, wobei eine seiner ersten Aufgaben die Aufnahme der Fragmente der römischen Sarkophage war. Erste Schlussfolgerungen zu dem Thema konnte K. bei dem Symposium des Sarkophag-Corpus 2001 vortragen[2]. Der Text des vorliegenden Bandes wurde vom Autor 2013 zum ersten Mal dem griechischen CSIR-Komitee vorgelegt, für die endgültige Publikation wurden die in der Zwischenzeit erschienenen Publikationen berücksichtigt[3].

   

         Unter der Bezeichnung „Abkürzungen“ (S. 9-17) legt K. in der Folge ein sehr umfassendes Literaturverzeichnis vor, in dem allerdings einige der im Katalog genannten Arbeiten fehlen[4] bzw. einige wenige hinzuzufügen[5] sowie einzelne Korrekturen[6] erforderlich sind.

   

         In der folgenden Einleitung (S. 19-31) befasst sich der Verf. zunächst mit der Struktur des Katalogs (S. 19), wovon eingangs bereits die Rede war. In dem vorliegenden 1. Band zu den Sarkophagen im NAM möchte er jedenfalls die frühesten Exemplare der attischen Werkstatt behandeln, während der 2. Band den Sarkophagen mit mythologischen Szenen, Kämpfen und Jagd, den Riefelsarkophagen und den Sarkophagdeckeln vorbehalten sein sollte.

   

         In dem Abschnitt über die Herkunft der Stücke (S. 20-22) muss der Autor eingestehen, dass es nur für wenige Sarkophage des NAM Informationen über den Fundort gibt, in erster Linie zu den vollständigen Exemplaren, während für den größten Teil der Fragmente die Herkunft unbekannt ist, was auch daran liegt, dass diese Stücke bis an den Beginn der 1990er Jahre nicht katalogisiert wurden. Die Daten zu den Ausgrabungen auf den antiken Athener Friedhöfen sind für die römische Kaiserzeit begrenzt. Der Kerameikos dürfte aber der Ursprungsort für die vollständigen und fragmentarischen Sarkophage sein, die heute im Garten um das Hephaisteion aufgestellt sind. Darüber hinaus stammen mehrere Sarkophage vom Kerameikos oder seiner Umgebung (Nr. 3. 95 [Kreuzung Iera Odos / Kerameikou]. 104 [Areiou Pagou]). Auch für den früher in der Hadriansbibliothek aufbewahrten Sarkophag (Nr. 2) und ein Fragment aus der Attalosstoa (Nr. 102) gilt wohl der Kerameikos als Ursprungsort. Wie K. betont (S. 20), wurde eine größere Anzahl von Sarkophagen im Areal der heutigen Plateia Klafthmonos (Nr. 1. 63) bzw. auf dem sog. NO-Friedhof auf der Stadiou (Fragmente 66. 71. 72. 73: zusammen. 113) bzw. Panepistimiou (Nr. 94) gefunden. Von Interesse ist weiters, dass eine Reihe von Sarkophagen aus Patras in das NAM gelangt sind (Nr. 61. 64. 114).

   

         Es folgt eine kurzer Überblick über die Geschichte der Sarkophagsammlung und ihre Aufstellungen (S. 22-25), wobei die Sammlung der römischen Sarkophage mit der Geschichte der übrigen Skulpturen im NAM eng verbunden ist (S 22). Die wichtigste Quelle seien die Kataloge der Skulpturensammlung seit 1869, als mit R. Kekulés[7] Werk zu den bei den Bauvorhaben für die neue Hauptstadt Athen in das sog. Theseion gebrachten Skulpturen die lange Reihe der Kataloge des NAM beginnt.

   

         Im vierten und letzten Teil seiner Einleitung befasst sich K. mit dem Beitrag der Sarkophage des NAM zur Kenntnis der attischen Sarkophage (S. 25-31). Ziel der von ihm vorgelegten Arbeit sei neben der Publikation der Sarkophage des NAM vor allem die der attischen Produktion. Diese beginne mit den Sarkophagen mit Girlanden und Eroten gegen 130 n. Chr. oder etwas früher und reiche mit den dionysischen Szenen der Weinlese bis in die Mitte des 3. Jhs. n. Chr. (S. 25). Daher befasse sich der CSIR-Band zunächst mit den Girlandensarkophagen (S. 25-28), welche die größte Gruppe bilden, wobei die Girlande als dekoratives Element in Attika anders als in Rom oder in Kleinasien keine eigene Tradition besitze. So seien es gerade die römischen Werkstätten, die in stilistischer Hinsicht einen entscheidenden Einfluss auf die attischen ausübten, wozu noch die pergamenischen Beispiele aus dem 2. Jh. v. Chr. kämen. Eine kleine Gruppe der attischen Sarkophage bilden jene mit Akanthusrollen (S. 28), die wiederum in den architektonischen Friesen der römischen Kunst beliebt seien, nicht aber in Attika. Die zweitgrößte Gruppe innerhalb des behandelten Materials bilden die Sarkophage mit Eroten (S. 28-30), die der Verf. nach thematischen Gesichtspunkten unterteilt. Die Mehrzahl dieser Sarkophage hat Szenen des Komos zum Gegenstand (S. 28-29), in denen die Eroten tanzend und mit verschiedenen Attributen dargestellt seien. Es folgen Sarkophage mit Eroten als Wagenlenkern (S. 29), wobei dieses Thema bis auf wenige Ausnahmen auf die Rückseiten der Sarkophage beschränkt sei, einige Sarkophagfragmente mit spielenden Eroten bzw. Eroten in der Palästra (S. 30), ein Sarkophag mit Eros und Psyche sowie andere Sarkophage mit Eroten (S. 30). Die dritte Gruppe stellen die Sarkophage mit dionysischen Szenen dar (S. 30-31), wobei der Autor zwischen Sarkophagen mit Dionysos und dem dionysischen Thiasos (S. 30) und Sarkophagen mit Szenen der Weinlese (S. 30-31) unterscheidet.

 

   

         Auf den Seiten 33-130 folgt der eigentliche Katalog, der insgesamt 125 Exemplare umfasst, bei denen es sich zum größten Teil um bisher unpublizierte Fragmente handelt. Zu den gemeinsamen Eigenschaften fast aller dieser Stücke gehören die unbekannte Herkunft, der weiße, feinkörnige pentelische Marmor, oft mit hellbrauner Patina sowie die Ausarbeitung der Rückseiten der Fragmente mit dem Spitzmeißel. Im Katalog zu den einzelnen Stücken gibt K. nach der Inventarnummer des NAM Angaben zum Fundort - soweit solche vorhanden sind -, die Maßangaben, die Angaben zum Material, bei dem es sich stets um den zuvor genannten pentelischen Marmor handelt, Angaben zu den Werkzeugspuren, die Literaturangaben (soweit vorhanden), Angaben zur Erhaltung und eine Beschreibung der Stücke mit einem Datierungsvorschlag.

   

         Der Katalog beginnt mit den Girlandensarkophagen (S. 35-66, Nr. 1-58), wobei der Autor zur Erleichterung des Studiums die Sarkophage zunächst in vollständige Exemplare (Nr. 1-4), sodann in Fragmente eingeteilt hat, auf denen zunächst Eros als zentraler Träger der Girlande fungiert (Nr. 5-8), dann der Adler (Nr. 9-14) oder ein Stierkopf (Nr. 15. 16). In der Folge geht es um Fragmente von den Ecken der Sarkophage mit einem Eros (Nr. 17-19), mit einem Stierkopf oder einem Bukranion (Nr. 20-29), Fragmente nur mit Girlanden (Nr. 30-47), Fragmente mit Figuren in den Girlandenbögen (Nr. 48-58); als getrennte Sektion werden die Fragmente mit Akanthusranken (Nr. 59-60) behandelt.

   

         Die einzelnen Beschreibungen sind durchwegs präzise, wobei im Einzelnen etwa nach Möglichkeit auf den Gebrauch der verschiedenen Werkzeuge, vor allem aber des Bohrers, der auch zeitliche Rückschlüsse erlaubt, hingewiesen wird. Nicht berücksichtigt wird die Alterstypologie der Eroten, in der man zwischen kindlichen und knabenhaften Formen unterscheiden kann. Der Rez. hat in einer Reihe von Arbeiten, die sich in erster Linie auf die römischen Sarkophage in der Provinz Pannonien beziehen, nachzuweisen versucht, dass auf diesen eine Entwicklung von kindlichen Graberoten zu jugendlichen Graberoten zu erkennen ist, wobei dieser Wandel sich ab der frühseverischen Zeit nachweisen lässt[8]. Daraus würde sich für eine Reihe von Sarkophagen bzw. Sarkophagfragmenten eine spätere Datierung, als von K. vorgeschlagen, ergeben.

   

         In der Folge sollen Bemerkungen und Korrekturvorschläge zu den einzelnen Katalogbeiträgen gemacht werden, wobei auffällt, dass der Autor bisweilen rechts und links vertauscht bzw. die Beschreibungen nicht immer nachvollziehbar sind, was auf den Erhaltungszustand der Fragmente zurückzuführen ist, wobei die Abbildungen auf den 47 Tafeln durchaus gut sind.

   

         Bei Nr. 1 spricht K angesichts des girlandentragenden Eros von einer pummeligen Kinderfigur, was so nicht stimmt, der Knabe wirkt eher jugendlich-schlank. - Bei Nr. 3 ist von Bukrania in der Mitte die Rede: es müsste der Singular Bukranion verwendet werden. Angesichts der Typologie des Eros (jugendlicher Eros) wäre vielleicht eine Datierung in das 3. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. zu bevorzugen. - An der Nr. 4 muss auffallen, dass für die Eroten an den Sarkophagecken der kindliche Typus verwendet wurde, für den Eros in der Mitte eher der jugendliche; darauf und auf den Vergleich mit dem von J. H. Oakley[9] in die Zeit von 170-180 n. Chr. datierten Sarkophag in der Athener Ephorie gestützt, wäre statt einer Datierung um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. eine in das 3. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. zu bevorzugen. - Zu Nr. 7 heißt es, Brust, rechter Arm und Kopf seien nicht voll ausgeführt, was so nicht stimmt, da der Kopf abgebrochen ist; auch die Wendung des Kopfes nach links ist anhand der geringen Reste nicht nachvollziehbar. - Von Nr. 8 lässt sich erhaltungsbedingt die linke Hand und das linke Handgelenk des Eros nicht erkennen, auch nicht ob es sich um einen nach rechts tanzenden Eros gehandelt hat. - Bei der Nr. 9 fehlt im Text die Anmerkung 1; bei dem verglichenen Adler von Nr. 64 ist die Blickrichtung des Adlers rechts nicht links. - Bei Nr. 11 lässt sich kaum entscheiden, ob der Adler, von dem nur der rechte Flügel vorhanden ist, nach rechts oder nach links schaut. - Bei Nr. 13 handelt es sich wohl um das rechte Bein des Adlers; dessen angebliche Blickrichtung nach rechts lässt sich nicht ausnehmen. - Zu Nr. 17 bemerkt der Autor zu Recht, dass es sich um ein Werk von hoher Qualität handle, das er der experimentellen Phase der attischen Werkstätten vom Ende des 2. und dem Beginn des 3. Viertels des 2. Jhs. n. Chr. zurechnen möchte, die allerdings von J. H. Oakley in die Zeit von 150-180 n. Chr. datiert wird[10]. - Bei Nr. 20 spricht der Verf. von einer delikaten Marmorbehandlung am rechten Girlandenbogen, von dem allerdings kaum etwas erhalten ist: gemeint ist wohl der linke Girlandenbogen. - Bei Nr. 43 würde m. E. die vom Autor ausdrücklich vermerkte Vermeidung des Bohrers wie bei Nr. 42 wohl für eine Datierung in die 1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. sprechen. - Bei Nr. 54 sind in der Auflistung der Abfolge der Profile konkav und konvex vertauscht. - Bei Nr. 55 spricht sich der Autor für eine allgemeine Datierung in das 2. Jh. n. Chr. aus, obwohl die von ihm herangezogenen Vergleichsbeispiele eher in die 2. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. weisen.

   

         Bei der Nr. 61 wäre anzumerken, dass die Abfolge der Profile an der Basis des Sarkophags umgekehrt als von K. gesagt zuerst konvex und dann konkav ist; zu ergänzen wäre, dass der zweite Eros von rechts in der linken Hand ein Palmbüschel hält; das von dem Eros am linken Rand des Sarkophagkastens getragene Tablett würde der Rez. nicht als Früchtekorb, sondern als Phiale mit Früchten bezeichnen. Wohl zu Recht hat K. diesen Sarkophag mit Erotenkomos als einen der frühesten erhaltenen attischen Sarkophage mit klassizistischen Elementen in der Wiedergabe der Figuren aus der Zeit Hadrians (130-140 n. Chr.) angesprochen. - Bei Nr. 62 ist irrtümlich gesagt, dass sich die Sphinx mit Ödipus auf der rechten Nebenseite befinde: gemeint ist die linke; entsprechend befindet sich der Schild mit Gorgoneion nicht auf der linken, sondern auf der rechten Nebenseite. K. hat den Sarkophag der frühen experimentellen Phase der attischen Werkstätten gegen die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. zugewiesen, während G. Koch - H. Sichtermann und J. H. Oakley[11] wohl richtiger vom 3. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. sprechen, wozu auch der jünglingshafte Erotentypus besser passen würde. - Bei Nr. 63 treten in der Beschreibung einige Widersprüche zum Erhaltenen auf: links ein tanzender Eros mit fehlendem Lagobolon (!); nach rechts folgt ein Eros mit einer Fackel in der rechten Hand: beides ist nicht erhalten; dieser Eros hat sein Himation über die linke, nicht die rechte Schulter geschlungen; der Eros an der rechten Ecke des Sarkophagkastens habe ein Füllhorn in der Linken getragen, von dem allerdings nichts erhalten ist. - Bei Nr. 64 heißt es irrtümlich, dass an der Front und an der linken Nebenseite die Girlanden aus Blättern und Eicheln bestünden, obwohl nur auf der Rückseite Girlanden angebracht sind. Für die Datierung des Sarkophags zwischen 170-180 n. Chr. verweist K. auf die bestehenden Studien; angesichts des kindlichen Erotentypus erscheint das eher zu spät. - Zu Nr. 67 schreibt der Verf., dass der Eros von der rechten Hüfte bis zur linken Achsel erhalten sei, was so nicht stimmt: das rechte Bein ist bis unter das Knie erhalten, die linke Achsel ist abgebrochen. Gleichfalls unstimmig ist die Angabe, dass der Eros einen Arm zum inneren Teil der Szene erhoben habe, da von den Armen nichts erhalten ist. - Bei Nr. 68 ist irrtümlich davon die Rede, dass der stützende Eros seinen rechten Arm um den Nacken des Gestützten gelegt habe: er hat den rechten Arm vielmehr um den Rücken der zweiten Eros gelegt; es stimmt auch nicht, dass der Kopf mit abgebrochenem Gesicht erhalten sei. - Bei Nr. 69 fehlt das linke Bein des linken Eros nicht ab der Hüfte, sondern ab der Mitte des Beines; von dem angeblich vorhandenen linken Bein des rechten Eros ist nichts zu sehen, vielmehr handelt es sich um das rechte Bein. - Bei Nr. 71 hat der erste Eros sein rechtes Bein nach vorne, nicht nach rückwärts gestreckt. - Zu Nr. 73 bemerkt der Verf., dass ein Teil der linken Schulter weggebrochen sei, was so nicht richtig ist. - Zu dem Eros mit Blumengirlande am Körper von Nr. 76 stellt der Autor fest, dass diese Darstellung im Repertoire der attischen Sarkophage einzigartig sei. Er möchte das Fragment einem Sarkophag aus der experimentellen Phase der attischen Werkstätten im 2. oder 3. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. zuweisen. - Zu Nr. 81 bemerkt der Verf., dass die linke - in Wirklichkeit aber die rechte - Achsel erhalten sei; der rechte Arm, der angeblich nach unten links ausgestreckt ist, hat sich nicht erhalten. - Zu Nr. 82 ist anzumerken, dass der linke Eros das Himation auf der rechten - nicht auf der linken - Schulter trägt. Auf der rechten Nebenseite fände sich das Bein - gemeint sind wohl die Beine - eines kleinen, nackten Eros. - Zu Nr. 83 ist zu sagen, dass die kindlichen Formen der Eroten eher im Widerspruch zu einer Datierung bereits in die 1. Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. stehen. - An den Eroten von Nr. 84 muss auffallen, dass die Eroten ausgesprochen rundliche, kindliche Körperformen haben. Der linke, stützende Eros hat das rechte - nicht das linke - Bein zurückgestellt. Die Datierung in das frühe 3. Jh. n. Chr. scheint wieder zu den kindlichen Proportionen nicht zu passen. - Zu Nr. 85 ist zu ergänzen, dass der rechte Eros an der Ecke des Sarkophagkastens über der Stirn einen Haarknoten trägt; dass er in der linken Hand einen Korb mit Früchten trage, ist nicht zu sehen, da weder die linke Hand, noch der Korb - bestenfalls Reste einer Phiale - erhalten sind. Zu Nr. 88 ist anzumerken, dass es sich um das Frgt. eines unfertigen Sarkophagkastens mit einem Eros - nicht mit Eroten - handelt. Dass er, wie K. schreibt, das rechte Bein nach links ausgestreckt habe, ist erhaltungsbedingt nicht zu erkennen; das linke Bein ist jedenfalls das Standbein, was an der herausgewölbten Standbeinhüfte festzustellen ist. - Zu den Fragmenten, aus denen Nr. 89 besteht, ist zu bemerken, dass nicht das Areal der rechten, sondern jenes der linken Schulter mit einem Teil einer Phiale mit Früchten, nicht eines Fruchtkorbes, erhalten ist. - Bei dem Fragment Nr. 90 ist der Eros leicht nach rechts - nicht nach links - geneigt wiedergegeben. - Von Nr. 91 sind bei dem zweiten Fragment keine Reste vom linken Arm zu sehen. - Bei der Nr. 92 fallen an der nackten männlichen Figur (Eros) die schlanken, jugendlichen Proportionen auf, die für eine Datierung bereits in das frühe 3. Jh. n. Chr. sprechen. - Bei Nr. 99 schaut der Kopf des erhaltenen Panthers nach links, nicht nach rechts. Von einem zweiten Panther in flachem Relief ist nichts zu erkennen. - Nr. 100 zeigt den Teil eines Tierkörpers - nicht von zweien - ; von einer hinteren Raubkatze ist nichts zu sehen.

   

         Zur Figur des "Attis" auf Nr. 102 darf auf die neuere Literatur zu dieser Figur eines Orientalen hingewiesen werden[12]. Der Eros von Nr. 103 ist in einer Ausfallbewegung nach links - nicht nach rechts, wie K. schreibt - wiedergegeben. - Bei den zwei ringenden Eroten von Nr. 105 hält der rechte Eros seinen Gegner mit dem rechten - nicht mit dem linken - Bein nieder. - An Nr. 107 ist aus der Sicht des Rez. der obere Teile eines Flügels von einem zweiten Eros nicht zu erkennen. - Von dem Eros auf Nr. 111 ist der linke Oberschenkel keineswegs bis zur Mitte erhalten, sondern ab dem Ansatz abgebrochen. Der nackte Eros ist in Profilansicht nach links - nicht nach rechts, wie K. schreibt - dargestellt.

   

         Bei Nr. 112 ist einmal der Fehler aufgetreten, dass die Rückseite mit der Girlande des vollständig erhaltenen Sarkophags nicht abgebildet ist. Die Abfolge der Profile an der Basis des Sarkophagkastens ist zuerst konvex und dann konkav und nicht umgekehrt, wie K. meint. Der Eros rechts schreitet zum Altar (im Text: who is strides, was wohl who strides oder who is striding heißen muss). Zu Recht macht K. auf die eklektische Mischung der Themen aufmerksam, wonach der Sarkophag zu den frühen attischen Beispielen gehört habe. Die Datierung in die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. oder später ist allerdings zu spät, was sich auch aus den kindlichen Formen der Eroten ergibt. - Zu Nr. 114 wäre zu bemerken, dass der erste Satyr links keineswegs die gekurvten Enden der Doppelflöte hält. - Die Illustration der linken Nebenseite durch Taf. 43 ist leider ungenügend. In der Beschreibung sind hier verschiedene Ungereimtheiten aufgetreten: In der Satyr-Mänade-Gruppe links auf der Vorderseite des Sarkophagkastens stützt der Satyr keineswegs die Mänade, höchstens stützt sie sich mit ihrem linken Arm auf ihn; die Mänade hat den rechten Arm keineswegs über ihren Kopf erhoben, sondern gesenkt; der angeblich stützende Satyr ergreift nicht mit der rechten Hand den Oberschenkel der Mänade und versucht ihre Scham zu berühren, vielmehr bedeckt die Mänade ihre Scham mit der rechten Hand; die rechte Hand des Satyrs ist nicht erhalten, der rechte Unterarm ist nach innen zum eigenen Oberschenkel geführt; nicht zwischen den Beinen von Mänade und Satyr sind zwei geflügelte Eroten zu beobachten, sondern zwischen den Beinen des Satyrs nur ein einziger; nicht erwähnt ist in der Beschreibung die kleine weibliche, nackte Figur rechts von der Mänade in der Mitte, die auf einem nach links stehenden Schaf (?) kniet. - Bei Nr. 117 ist von der Mänade nicht bloß der rechte Ellbogen erhalten, sondern der rechte Arm. - An der Mänade von Nr. 119 stimmt nicht, dass der rechte Arm vom Oberarm bis zur Schulter erhalten sei: erhalten ist lediglich der Ansatz des Oberarmes; die angeblich auf die rechte Hüfte gestützte rechte Hand ist nicht zu erkennen.

   

         Der CSIR-Band wird abgeschlossen mit einer Konkordanz zwischen den Inventarnummern des NAM und den Katalognummern des Bandes (S. 131-132), mit einem Index der Museen bzw. Aufstellungsorte (S. 133-137), mit einer Liste der Tafelabbildungen (S. 138-140) und schließlich mit den 47 Tafeln, deren Qualität sehr gut ist.

   

         Trotz der im Text vom Rez. geäußerten Kritik handelt es sich bei den vorliegenden ersten Band des CSIR zu den Sarkophagen im Athener Nationalmuseum um eine im Ganzen wohlgelungene Arbeit, so dass man auf den nächsten Band bereits gespannt sein darf.

 

 

Anmerkungen

 

[1]   Bisher sind folgende Bände des CSIR Griechenland erschienen: 1. M. Lagogianni-Georgakarakos, Corpus signorum imperii Romani. Corpus der Skulpturen der römischen Welt. Griechenland, 3, 1. Die Grabdenkmäler mit Porträts aus Makedonien (Athen 1998); 2. M. Lagogianni-Georgakarakos, Corpus signorum imperii Romani. Corpus der Skulpturen der römischen Welt. Griechenland, 6, 1. Die römischen Porträts Kretas. Bezirk Heraklion (Athen 2002); 3. G. S. Dontas, Corpus signorum imperii Romani. Corpus des sculptures du monde romain. Grèce, 1, 1. Les portraits attiques au Musée de Corpus des sculptures du monde romain. Grèce, 1, 1. Les portraits attiques au Musée de l'acropole (Athènes 2004).

[2]   S. E. Katakis, Die Bearbeitung der Sarkophage im Athener Nationalmuseum im Rahmen des „Corpus signorum imperii Romani", in: G. Koch (Hrsg.), Akten des Symposiums des Sarkophag-Corpus 2001, Marburg, 2. - 7. Juli 2001 (Mainz 2007) (Sarkophag-Studien, 3) 141-149.

[3]   z. B. die Dissertation von E. Papagianni, Attische Sarkophage mit Eroten und Girlanden. (Ruhpolding 2016) (Sarkophag-Studien, 9).

[4]   Bielefeld 1995 = D. Bielefeld, Zur Ikonographie attischer Sarkophage mit Eroten-Weinlese-Darstellungen, RM 102, 1995, 397-404; Moock 1998 = D. W. v. Moock, Die figürlichen Grabstelen Attikas in der Kaiserzeit. Studien zur Verbreitung, Chronologie, Typologie und Ikonographie. (Mainz 1998) (Beiträge zur Erschließung hellenistischer und kaiserzeitlicher Skulptur und Architektur, 19); Sichtermann 1993 = H. Sichtermann, Bellerophon auf attischen Sarkophagen, in: Grabeskunst der römischen Kaiserzeit. Viertes Symposium des Sarkophag-Corpus, Marburg 23.-27. Juli 1990 (Mainz 1993) 51-66; Strocka 2012 = wahrscheinlich gemeint ist: V. M. Strocka - M. Wörrle, Bauphasen des kaiserzeitlichen Asklepieions von Pergamon, IstMitt 62, 1012, 199-187.

[5]   Bielefeld 1997 = D. Bielefeld, Die antiken Sarkophagreliefs, 5, 2. Die stadtrömischen Eroten-Sarkophage, 2. Weinlese- und Ernteszenen (Berlin 1997); zum Typus des Apollon Lykeios: M. Nagele, Zum Typus des Apollon Lykeios, ÖJh 55, 1984, 77-105.

[6]   Amedick 1991 = Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem (statt den) Menschenleben. Vita privata (statt Privata), ASR I 4 (Berlin 1991); Cain 1985 = H. U. Cain, Römische (statt Die) Marmorkandelaber (Mainz 1995); Gallet de Santerre 1952 = H. Gallet de Santerre, Chronique des fouilles et découvertes (statt découverte) archéologiques en Grèce en 1951, BCH 76, 1952, 201-244; Galli 202 = M. Galli, Die Lebenswelt eines Sophisten. Untersuchungen zu den Bauten (statt Bauen) und Stiftungen (statt Stiftung) des Herodes Atticus (Mainz 2002); Heydemann 1874 = H. Heydemann, Die antiken Bildwerke in der sog. Stoa des Hadrian, dem Windthurm (statt Windturn) des Andronikus, dem Waerterhaeuschen auf der Akropolis und der Ephorie im Culturministerium zu Athen (Berlin 1874); İşık 1993 = F. İşık, Zur Kontinuitätsfrage der kleinasiatischen Girlandensarkophage (statt Girlanden-sarkophage) während des Hellenismus und der frühen Kaiserzeit, in: Grabeskunst der römischen Kaiserzeit. Viertes Symposium des Sarkophag-Corpus, Marburg 23.-27. Juli 1990 (Mainz 1993) 11-21, Matz 1958 = F. Matz, Ein römisches Meisterwerk. Der Jahreszeitensarkophag (statt Jahreszeiten-sarkophag) Badminton - New York, JdI Ergh. 19 (Berlin 1958); Oakley 2011 (statt 2001) = J. H. Oakley, Die attischen Sarkophage. Andere Mythen, ASR IX 1, 3 (Berlin 2011); v. Hesberg 1980 = H. v. Hesberg, Konsolengeisa (statt Konsollengeisa) des Hellenismus und der frühen Kaiserzeit, RM Ergh. 24 (Mainz 1980); Wiegartz 1977 = H. Wiegartz, Zu Problemen (statt Problem) einer Chronologie der attischen Sarkophage, AA 1977, 383-388.

[7]   R. Kekulé, Die antiken Bildwerke im Theseion zu Athen (Leipzig 1869).

[8]   E. Pochmarski, Überlegungen zur Chronologie der pannonischen Sarkophage, in: G. Koch (Hrsg.), Akten des Symposions „125 Jahre Sarkophag-Corpus", Marburg/Lahn 4.-7.10.1995 (Sarkophag-Studien Band 1) (Mainz 1998) 182-200; ders., Ikonographische und chronologische Probleme der Sarkophage aus Aquincum, Anodos 11, 2011, 247-268; vor allem 251-252; ders., Die Sarkophagwerkstätten von Aquincum und Brigetio, ActaArchHung 65, 2014, 405-426; vor allem 407-408.

[9]   J. H. Oakley, Die Antiken Sarkophagreliefs: Andere Mythen: IX. Band: Die Sarkophage Griechenlands und der Donauprovinzen, 1. Teil: Die attischen Sarkophage, 3. Faszikel (Berlin 2011) 14. 70-71 Nr. 4 Taf. 4-6.

[10]   Oakley ASR IX 1, 3, 60.

[11]   G. Koch - H. Sichtermann, Römische Sarkophage, HdArch (München 1982) 459; Oakley, ASR IX 1, 3, 87.

[12]   G. Bauchhenß, Barbaren oder Attis, in: Akten des 4. Internationalen Kolloquiums über Probleme des provinzialrömischen Kunstschaffens, Situla 36 (Ljubljana 1997) 43-51; D. Dexheimer, Zur Deutung von Attisfiguren auf Grabaltären Oberitaliens, in: Die Maastrichter Akten des 5. Internationalen Kolloquiums über das provinzialrömische Kunstschaffen im Rahmen des CSIR (Maastricht 2001) 107-113; N. Cambi, Attis or someone else on funerary monuments from Dalmatia, in: Romanisation und Resistenz. Akten des VII. Internationalen Kolloquiums über Probleme des provinzialrömischen Kunstschaffens (Mainz 2003) 511-520.